Einfach helfen
Die App HelpNow schafft Verbindungen: Menschen, die Hilfe suchen, werden mit Helfenden in ihrer Umgebung zusammengebracht. Engagement und Ehrenamt soll damit so leicht wie möglich werden. Initiatorin Zohre Esmaeli möchte mit dem Projekt nicht nur praktische Unterstützung organisieren, sondern auch Integrationsarbeit leisten.
Während der Pandemie ist Zohre Esmaeli erst richtig bewusst geworden, wie anonym das alltägliche Leben oft abläuft. Die verpflichtende Isolation während der Corona-Lockdowns habe sie zum Nachdenken gebracht: „Wenn ich auf der Straße ältere Menschen gesehen habe, ging mir durch den Kopf, ob sie wohl jemanden haben, der sie unterstützt. Ob sie wissen, an wen sie sich wenden können, wenn sie Dinge allein nicht schaffen und Hilfe brauchen?“ Irgendwann kam der Punkt, an dem die Berlinerin nicht mehr darüber spekulieren wollte. So entstand die Idee zu HelpNow.
HelpNow ist eine App, die Hilfe suchende Menschen mit denen zusammenbringt, die Unterstützung anbieten. Einfach und unkompliziert via Smartphone, Tablet oder Computer. Das Projekt richte sich nicht nur an Seniorinnen und Senioren, sondern an alle, die Hilfe brauchen oder sich ehrenamtlich einbringen wollen. „Das kann die Unterstützung im Haushalt oder beim Einkaufen sein, bei Handwerksarbeiten oder anderen alltäglichen Herausforderungen, zum Beispiel Behördenschreiben oder Nachhilfeunterricht“, umreißt Initiatorin Zohre Esmaeli das Themenspektrum der App. Es gehe aber ebenso darum, der Einsamkeit entgegenzutreten. Gemeinsame Spaziergänge, eine Unterhaltung oder ein Kulturbesuch können über die Plattform verabredet werden.
Das Besondere an HelpNow ist, dass die App Hürden auf dem Weg zu Engagement und Ehrenamt minimiert. Esmaeli erklärt das so: „Ich habe den Eindruck, dass Menschen häufig nicht wissen, was sie tun sollen, wenn sie Hilfe brauchen oder anbieten wollen. Sie kennen entsprechende Initiativen nicht, haben keine Zeit, sich umfassend über Möglichkeiten zu informieren oder umständlich Kontakt aufzunehmen.“ All das vereinfache die App. Nutzerinnen und Nutzer erstellen ein Profil und vermerken die Leistungen, die sie benötigen oder anbieten. Das Programm bringt dann passende Gesuche und Angebote zusammen.
Esmaeli erklärt noch einen anderen Weg, wie Menschen durch die Anwendung zusammenfinden: „Man kann sich auch einfach ein Bild davon machen, was Menschen in der Umgebung suchen. Dann kann ich mich ohne Verpflichtung durch die Anzeigen scrollen und spontan entscheiden, ob ich morgen oder in einer Woche meine Unterstützung anbiete, ob ich kontinuierlich oder nur einmalig helfe.“ So reagiere HelpNow auf neue Bedürfnisse im Engagement. Denn nach Esmaelis Beobachtung wollen sich Freiwillige seltener dauerhaft zu einer Tätigkeit verpflichten.
Projekt soll Ehrenamtskultur fördern
Die Initiative knüpft an andere Projekte an, die Esmaeli bereits initiiert hat. Sie arbeiten stets auf ein Ziel hin, erklärt sie: „Wir wollen den gesellschaftlichen Dialog fördern.“ Die gebürtige Afghanin ist Model, Unternehmerin und nennt sich selbst Integrationsbotschafterin. Sie war 17 Jahre alt, als sie mit ihrer Familie aus Kabul floh. Inzwischen hat Esmaeli in Deutschland eine eigene Stiftung gegründet und setzt damit ihr Herzensprojekt “Culture Coaches” um. Menschen mit eigener Migrationsbiografie treten dabei als Vermittlerinnen und Vermittler zwischen verschiedenen Herkunftskulturen auf. „Die Zivilgesellschaft ist für Diversität und interkulturellen Austausch bereits sensibilisiert. Aber im öffentlichen Dienst, in den Behörden, wo die Entscheidungsträgerinnen und -träger sitzen, sind Veränderungen schwer durchzusetzen. An diesen Stellen versuchen wir, auf unterschiedliche Mentalitäten aufmerksam zu machen und in den Austausch zu kommen.“
Auch HelpNow soll einen Beitrag zur Integration leisten. Darauf hofft Esmaeli. Im Vordergrund stehe zwar das Hilfsangebot, aber ebenso wichtig sei ihr, Menschen mit Migrations- und/oder Fluchterfahrung über die Plattform mit der deutschen Ehrenamtskultur vertraut zu machen. Es gehe darum, die Solidarität untereinander zu stärken. „Als ich als junges Mädchen hierhergekommen bin, habe ich vom Engagement anderer profitiert. Das hat mir Halt gegeben und es mir leichter gemacht, anzukommen“, blickt Esmaeli zurück. „Ich durfte selbst erleben, wie sich Menschen für das Leben anderer Leute einsetzen. Ich halte das für einmalig und glaube, dass diese Mentalität weiter gefördert, unterstützt und gestärkt werden muss.“ Ähnlich wie in ihrer Initiative Culture Coaches sollen deshalb über die App auch interkulturelle Sensibilisierungstrainings vermittelt werden. Hier liege der Fokus darauf, Hintergrundinformationen zu Herkunftsländern und Aufnahmegesellschaft zu transportieren, „zum Beispiel zu Werten, Normen und Sitten“, erklärt Esmaeli.
Netzwerk der gesellschaftlichen Teilhabe entsteht
Mit Unterstützung der Deutschen Stiftung für Engagement und Ehrenamt hat das Projekt HelpNow inzwischen die Pilotphase durchlaufen. Um mit dem Angebot Menschen zusätzlich im Umgang mit digitaler Kommunikation zu stärken, wurden 28 Teilnehmende mit Tablets ausgestattet. Zu der Gruppe gehörten Personen im höheren Alter oder Menschen aus finanziell benachteiligten Haushalten. Ziel war es, Berührungsängste mit der Technik abzubauen. Gerade der digitale Austausch sei laut Esmaeli ein wichtiger Baustein, um HelpNow künftig erfolgreich zu machen und ein breites Hilfsnetzwerk zu etablieren. „Auf diese Weise ist es einfacher, nach Hilfe zu fragen. Viele Menschen tun sich schwer, andere anzusprechen, weil die Gefahr der Ablehnung ganz direkt gegeben ist. Ältere Personen sind noch dazu von dem Gedanken geleitet, dass sie niemandem zur Last fallen wollen. In diesem Fall kann diese Art Anonymität im Netz auch Vorteile haben.“ Um dabei einschätzen zu können, wie vertrauenswürdig Kontakte sind, verfügt die App über ein Bewertungssystem. Hier können Nutzerinnen und Nutzer eine Beurteilung hinterlassen oder über die Vergabe von Sternen unter anderem Sympathie, Hilfeleistung, Kommunikation und Verlässlichkeit bewerten.
Esmaeli bezeichnet HelpNow als Chance zur gesellschaftlichen Teilhabe: „Für mich ist das das höchste Gut im zwischenmenschlichen Zusammenleben. Je mehr Angebote es in diesem Bereich gibt, umso besser.“ Was sie motiviert, all diese Dinge zu initiieren, beschreibt sie so: „Ich habe Spaß daran, meine neue Heimat aktiv und nachhaltig mitzugestalten. Ich hatte diese Möglichkeit nicht immer. Genau das ermöglicht die Demokratie.“
Über die Organisation
Die Zohre Esmaeli Foundation schafft nicht nur den Austausch und die Möglichkeit, praktische Erfahrungen im Ehrenamt zu sammeln, sondern konzipiert zudem didaktische Hilfestellung für Menschen, die in der Ehrenamtsarbeit aktiv werden möchten oder es bereits sind. Neben transkulturellen Inhalten werden auch Sensibilisierungstrainings für verschiedene Themen im Bereich der politischen Bildung angeboten. Gleichzeitig sollen ganz konkrete Hintergrundinformationen zu den Herkunftsländern und der Aufnahmegesellschaft geliefert werden, wie z.B. Werte, Normen und Sitten.
Kontakt
Zohre Esmaeli Foundation
Leipziger Str. 61
10117 Berlin
Web: https://www.zohreesmaelifoundation.com/
E-Mail: hello@zohreesmaelifoundation.com