Grafik mit grünem Hintergrund und einer gezeichneten Glühbirne. Text: #EngageiertGeforscht Zentrum für Zivilgesellschaftliche Entwicklung. Monitoring Demokratische Integration in Deutschland. Studienbericht

Schlagworte

#Demokratie #Partizipation #Systemvertrauen

Personen/Beteiligte Organisationen:

Zentrum für zivilgesellschaftliche Entwicklung (zze), Prof. Dr. Thomas Klie in Kooperation mit dem Institut für Demoskopie Allensbach

Projektlaufzeit:

Juli 2021 – Dezember 2021 (Vorstudie)
Oktober 2022 – November 2023 (Hauptstudie)

Was sind die zentralen Erkenntnisse?

  • Die Sorgen der Bevölkerung sind groß. Der russische Angriffskrieg macht 85 Prozent der Befragten große Sorgen, die erlebte Inflation 86 Prozent der Befragten. Zugleich werden von einer Mehrheit der Bevölkerung weitere größere Probleme wahrgenommen, insbesondere in der Gesundheitsversorgung. Des Weiteren ist eine Zunahme von Problemen in der Region, in der die Befragten leben, erkennbar. Im Vergleich zum Jahr 2021 nennen die Befragten im Jahr 2023 öfter hohe Miet- und Immobilienpreise (2021: 50 Prozent; 2023: 55 Prozent), den schlechten Ausbau des öffentlichen Nahverkehrs (2021: 36 Prozent; 2023: 42 Prozent) und die zu hohen Lebenshaltungskosten (2021: 32 Prozent; 2023: 38 Prozent) als Probleme in ihrer Region.
    Das Vertrauen in die Demokratie als Regierungsform bleibt dennoch insgesamt stabil. 93 Prozent halten die Demokratie für eine gute Regierungsform. 2019 waren es noch 91 Prozent.
  • Die Einstellung zur Demokratie im politischen System in Deutschland hat sich allerdings verändert: Zwar geben drei Viertel der Befragten an, dass sich die Demokratie in Deutschland im Großen und Ganzen bewährt hat. Allerdings sind nur noch 62 Prozent der Bevölkerung mit der Art und Weise, wie die Demokratie in Deutschland funktioniert, sehr zufrieden oder eher zufrieden (gegenüber 68 Prozent in 2019). Der Bundesregierung vertrauen nur 53 Prozent der Bevölkerung „voll und ganz“ oder „eher“. Drei Jahre zuvor waren es noch 59 Prozent.
  • Die Problemwahrnehmungen und auch kritische Haltungen sind besonders in Ostdeutschland ausgeprägt. Während dort lediglich 37 Prozent die Demokratie, wie sie in Deutschland gelebt wird, als beste Staatsform bewerten, sind es in Westdeutschland 67 Prozent. In Westdeutschland sind 79 Prozent der Meinung, die Demokratie habe sich bewährt, in Ostdeutschland nur 50 Prozent.
  • Insbesondere Personen mit niedrigem sozioökonomischem Status sowie Anhängerinnen und Anhängern der AfD (in West wie Ost) fällt es schwerer, sich zur Demokratie in Deutschland zu bekennen und Vertrauen zu Institutionen zu entwickeln. Dahinter stehen oft Gefühle politischer Ohnmacht. Im Durchschnitt haben 35 Prozent der Befragten den Eindruck, machtlos zu sein und daran auch durch Engagement nichts ändern zu können (Personen mit niedrigem sozioökonomischem Status: 51 Prozent, Anhängerschaft der AfD: 65 Prozent).
  • Deutlich weniger ausgeprägt sind diese Zweifel bei Menschen, die sich ehrenamtlich engagieren. Insbesondere Engagierte mit einem Amt oder einer festen, langfristigen Aufgabe sind mit dem Funktionieren der Demokratie zufrieden (70 Prozent der Engagierten mit Amt / fester Aufgaben, 62 Prozent der Gesamtbevölkerung, 59 Prozent der Nicht-Engagierten). Gleichzeitig erfahren sie seltener Gefühle politischer Ohnmacht (23 Prozent der Engagierten mit Amt / fester Aufgabe, 35 Prozent der Gesamtbevölkerung, 39 Prozent Nicht-Engagierte).

zum Hintergrund

Mit dem Monitoring Demokratische Integration werden die Einstellungen zur Demokratie und Verhaltensweisen der Bevölkerung längerfristig beobachtet, um frühzeitig strukturpolitische Maßnahmen zur Förderung von Engagement und demokratischem Verhalten entwickeln zu können. Dabei wird herausgestellt, welche Bedeutung Strukturmerkmale von Regionen für das Engagementniveau der Bürgerinnen und Bürger sowie für die Wahlbeteiligung haben.

Die Demokratische Integration beschreibt ein Bündel zusammenhängender Haltungen, wie grundsätzliche Einstellungen zur Demokratie, zum politischen System in Deutschland oder zu Amtsträgerinnen bzw. Amtsträgern sowie Verhaltensweisen, wie insbesondere die demokratische Partizipation durch freiwilliges Engagement und die Wahlbeteiligung. Das Konzept der Demokratischen Integration wurde von Prof. Dr. Thomas Klie und Prof. Dr. Baldo Blinkert (†) entwickelt.

Im Jahr 2021 wurde eine Vorstudie zum Monitoring 2.0. durchgeführt, um das Konzept “Demokratische Integration” weiterzuentwickeln. Konkret wurde der Zusammenhang von Einstellungen der Bevölkerung zur Demokratie und zum gesellschaftlichen Zusammenhalt mit über Sekundärdaten vorliegenden Informationen zum Verhalten der Bevölkerung in Regionen untersucht. Weiterhin wurde die Datengrundlage für die Strukturbedingungen von Regionen erweitert und aktualisiert.
Hier geht’s zum Bericht zur Vorstudie.

Die Hauptstudie liefert nun aktuelle Ergebnisse zu Indikatoren der demokratischen Integration in Bezug zu regionalen Strukturmerkmalen. Hierbei werden die vergangenen und aktuellen Krisenerfahrungen der Bevölkerung berücksichtigt. Um die positiven Zusammenhänge zwischen Demokratievertrauen und Partizipation (Engagement, Wahlverhalten) zu prüfen, wurde vom Institut für Demoskopie Allensbach eine repräsentative Bevölkerungsbefragung durchgeführt. Die Untersuchung thematisiert u. a. die aktuellen Sorgen der Menschen, die Zufriedenheit mit der Demokratie, das Vertrauen in diese und die demokratische Partizipation (freiwilliges Engagement und Ehrenamt, Wahlverhalten). Ebenfalls werden Unterschiede zwischen Ost- und Westdeutschland herausgestellt.

Im nächsten Schritt werden nun die für das Monitoring wichtigen Zusammenhänge zu den Strukturmerkmalen von Regionen berechnet. Eine Ergebnisvorstellung sowie die Veröffentlichung des abschließenden Berichts sind für den Herbst 2023 geplant.