Das Know-how geflüchteter Eltern – ein Schatz für Kinder

Angefangen hat alles bei Petra Beckers eigenen Kindern. Als sie 2012 mit ihren beiden Töchtern, die in Syrien aufgewachsen sind, nach Berlin zog, taten sie sich zunächst schwer im deutschen Schulsystem. Für individuelle Unterstützung hatten die Lehrerinnen und Lehrer kaum Zeit. Dieselbe Situation beobachtete Becker 2015 bei den Familien, die aus Syrien geflohen waren. Deren Kinder wurden nach etwa einem Jahr in einer reinen Deutschlernklasse entsprechend ihres Alters in eine Schulklasse eingeteilt – und mussten so gleichzeitig weiter Deutsch sowie jede Menge Stoff lernen.
Petra Becker beschloss, etwas für diese Kinder zu tun und gründete den Verein „Back on Track“ (Zurück in der Spur). Unterstützt von Berliner Freunden aus Syrien bot sie, anfangs noch in einer Notunterkunft, samstags und sonntags am Nachmittag Lernbegleitung in Mathematik, Englisch oder Biologie an. Sie startete mit sieben ehrenamtlichen Mentorinnen und Mentoren – heute sind es über 100, die in zwei Berliner Stadtteilen Grundschulkinder und Schülerinnen und Schüler der Sekundarstufe unterstützen, mittlerweile auch digital.
Wie hat Petra Becker so viele neue Ehrenamtliche gefunden? Es waren vor allem zwei simple Maßnahmen: Sie postete Aufrufe auf Facebook und der eigenen Webseite – und fragte die Eltern ihrer Samstagsschülerinnen und -schüler: Was habt Ihr in Syrien beruflich gemacht? So fand sie unter den Geflüchteten Pädagogen, IT-Spezialisten, Juristen, Physiker, Englischlehrer, Psychologen und Erziehungswissenschaftler, um nur einige Berufe zu nennen. Das ermöglichte es, den Unterrichtsstoff auch in der jeweiligen Landessprache vermitteln zu können. Deutschsprachige Ehrenamtler etwa für das Fach Deutsch findet sie vor allem über etablierte Ehrenamtsbörsen wie Vostel oder GoVolunteer. „Alle waren und sind froh, Sinnvolles tun zu können“, sagt Becker. Das Gefühl zu haben, ihre Kompetenzen auch in Deutschland einsetzen zu können.