Dürfen sich gemeinnützige Vereine politisch betätigen?

Das Finanzamt Frankfurt am Main hatte dem attac-Trägerverein 2014 die Gemeinnützigkeit wegen allgemeinpolitischer Betätigung entzogen. Bei Vereinen warf dies die Frage auf, wann politisches Engagement die Gemeinnützigkeit gefährdet. Orientierung geben inzwischen der Bundesfinanzhof und das Bundesfinanzministerium.

Grundsätzlich gilt, dass die Einflussnahme auf die politische Willensbildung und die Gestaltung der öffentlichen Meinung in beliebigen Politikbereichen und die parteipolitische Betätigung nicht gemeinnützig im Sinne des Steuerrechts sind. Das haben Bundesfinanzhof und das Bundesfinanzministerium übereinstimmend festgestellt. Dennoch dürfen sich auch gemeinnützige Vereine öffentlich äußern und Einfluss auf die politische Meinungsbildung nehmen. Allerdings sind einige “Spielregeln” zu beachten:

Zunächst muss der Verein sowohl nach der Satzung als auch nach der tatsächlichen Geschäftsführung gemeinnützige Zwecke im Sinne der Abgabenordnung verfolgen. Jede gemeinnützige Körperschaft hat gegenüber dem Finanzamt nachzuweisen, dass und gegebenenfalls wie sie an der Verwirklichung ihrer satzungsgemäßen und gemeinnützigen Vereinsziele gearbeitet hat. Dies gilt völlig unabhängig von einer eventuellen politischen Betätigung.

Soweit dies der Verfolgung seiner eigenen steuerbegünstigten Zwecke dient, darf ein Verein auch auf die politische und öffentliche Meinungsbildung einwirken.

Beispiel: Ein Naturschutzverband kann zur Benutzung öffentlicher Verkehrsmittel aufrufen, ebenso können sich Vereine zur Förderung des demokratischen Staatswesens für die Teilnahme an Wahlen starkmachen. Körperschaften, die sich um die Belange benachteiligter Personengruppen kümmern, dürfen öffentlichkeitswirksam auf deren Situation und die Notwendigkeit ihrer Unterstützung hinweisen.

Auch die gelegentliche politische Betätigung außerhalb der satzungsmäßigen steuerbegünstigten Zwecke gefährdet die Gemeinnützigkeit nicht.

Beispiel: Vom Bundesfinanzministerium wird es als unproblematisch angesehen, wenn vereinzelt zu tagespolitischen Themen Stellung genommen wird, also ein Sportverein zum Klimaschutz aufruft oder sich gegen Rassismus positioniert. Auch die Beteiligung eines Musikvereins an einer Kampagne gegen Kinderarmut dürfte vom Finanzamt nicht beanstandet werden.

Dies bedeutet allerdings nicht, dass auch Gelder des Vereins für solche Kampagnen eingesetzt werden dürfen. In diesem Zusammenhang gilt ebenfalls, dass Mittel ausschließlich für satzungsgemäße Zwecke verwendet werden dürfen.

Zu einer Versagung der Gemeinnützigkeit wird es jedoch kommen, wenn ein Verein gegen die Rechtsordnung verstößt oder hierzu auffordert. Auch die Nichtbefolgung polizeilicher Anordnungen, die Organisation und Durchführung unangemeldeter Versammlungen oder die rechtswidrige Besetzung von Grundstücken und Gebäuden sowie die Anwendung oder Androhung von Gewalt gegen Personen wird das Finanzamt zu einem Widerruf veranlassen.

Für die meisten gemeinnützigen Vereine kann Entwarnung gegeben werden. Sie dürfen sich nach wie vor öffentlichkeitswirksam für ihre Vereinszwecke einsetzen und hierfür werben. Auch eine Beteiligung an der politischen Meinungsbildung ist nicht tabu.

#DSEErechtstipp

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