Grüne Grafik mit einer gelben gezeichneten Glühbirne. Text: #EngagiertGeforscht. Universität Erfurt. Sozial benachteiligte Menschen im ehrenamtlichen Engagement. Studienbericht

Schlagworte

#Beteiligung #SozialeBenachteiligung #Selbstwirksamkeit

Personen/Beteiligte Organisationen:

Universität Erfurt, Max-Weber-Kolleg für kultur- und sozialwissenschaftliche Studien, apl. Prof. Dr. Bettina Hollstein
Bundesverband der Mütterzentren e. V.
Caritasregion Mittelthüringen

Projektlaufzeit:

April 2022 – Dezember 2023

Was haben Sie konkret untersucht?

Im Projekt wurden Gelingensbedingungen für Engagement entwickelt, die vor allem für sozial benachteiligte Personen gelten. Diese Bedingungen wurden mithilfe qualitativer Interviews erhoben, analysiert und in Workshops mit Betroffenen validiert.

Was sind die drei spannendsten Ergebnisse?

  • Institutionen, mit denen sozial benachteiligte Menschen in Kontakt stehen (z.B. Jobcenter, Kinderarzt, Hebamme), sind oft entscheidend für ihr Engagement.
  • Obwohl Überlegungen zum Nutzen ihres Engagements eine Rolle spielen, sind diese nicht die einzigen Beweggründe.
  • Eine Willkommenskultur und positive Erfahrungen mit Selbstwirksamkeit sind wichtige Faktoren, um das Engagement mit positiven Erlebnissen zu verbinden und die Motivation langfristig zu erhalten.

Welche Zahl ist brisant?

Die Ergebnisse des Freiwilligensurveys zeigen, dass sich zwar ein immer größerer Anteil der Bevölkerung freiwillig engagiert, zugleich aber die Ungleichheit gestiegen ist. Ein Beispiel: Personen aus den Einkommensgruppen mit einem Haushaltsnettoeinkommen von über 2.000 EUR/Monat engagieren sich zu 51 Prozent, solche mit einem Haushaltsnettoeinkommen von unter 1.000 EUR/Monat nur zu 24 Prozent (FWS Stand 2019).

Was …

 … kann die Politik aus den Erkenntnissen lernen?
Die Ergebnisse der Studie machen deutlich, dass im Rahmen der Förderung des Engagements speziell die Gruppen stärker in den Blick genommen werden müssen, die seltener direkt angesprochen werden. Denn generell verstärken sich Engagementstrukturen durch direkte Ansprache eher dort, wo bereits ein hohes Sozialkapital vorhanden ist.

… können Engagement-fördernde Organisationen lernen?
Die Studienresultate signalisieren, dass eine stärkere Einbindung von Institutionen und Organisationen, die Berührungspunkte mit sozial benachteiligten Menschen haben (z. B. Jobcenter, Beratungsstellen, Hebammen, Kinderärztinnen und -ärzte usw.), für die Ansprache dieser Personen essenziell ist. Darüber hinaus muss aber auch eine Willkommenskultur dafür sorgen, dass der Anlass der Begegnung zu einer lebendigen Beziehung führt.

… kann die Wissenschaft lernen?
Die Forschungsergebnisse zeigen, dass durch teilnehmende Beobachtung und direkte Interaktion mit Engagierten neue Perspektiven im Vergleich zu bisher gut ausgebauten quantitativen Studien eröffnet werden können. Die Erfahrungen der Betroffenen ernst zu nehmen, schafft auch ein Vertrauensverhältnis, das neue Einsichten ermöglicht.

Was war Ihr “Aha-Moment”?

„Mein Aha-Moment war die Erkenntnis über die Rolle von Institutionen für die Schaffung von Erstkontakten und Engagementanlässen für sozial benachteiligte Personen. Dies wird von Organisationen, die Engagierte willkommen heißen, noch zu wenig berücksichtigt.“

Prof. Dr. Bettina Hollstein